Hallo Leute~

Wie immer ist es ewig her seit ich mich das letzte Mal hier habe Blicken lassen. Aber dieses Mal hab ich sogar ein bisschen was zu erzählen. Wie immer was aus meinem Leben, aber ausnahmsweise mal was zum Nachdenken.

Wir hatten heute von der Schule aus ein Bewerbungstraining. Vertreter verschiedener Betriebe sind gekommen und haben uns erklärt worauf wir bei unserer Bewerbung und im Vorstellungsgespräch achten sollten. Auch wenn nicht wirklich die Motivation bestand an sowas teilzunehmen, war es doch recht informativ.
Leider hab ich (genau wie L.) eine Vertreterin erwischt, die nicht zu ertragen war. Sie war einfach so dermaßen von sich und ihrer Meinung überzeugt, und auch davon, dass das Bewerbungsverfahren in ihrem Betrieb das Maß aller Dinge ist, dass es nicht lange gedauert hat, bis es ein bisschen gekracht hat...
Mir war schon irgendwie klar, dass ich mit meinem Zuspäkommen nicht den besten Eindruck hinterlassen habe. Aber als sie meinte, dass man von meinem Blazer einen epileptischen Anfall bekommen könnte, war ich dann doch ein bisschen sehr genervt.
Irgendwann hat sie erklärt, dass Frauen bitte ihre Achseln und Beine rasieren sollten - vorallem wenn sie was Ärmelloses oder einen Rock tragen. Das war ja bis dahin auch verständlich. Aber als sie dann angefangen hat darüber Reden zu schwingen wir unnatürlich und widerlich Körperbehaarung doch sei, ist mir diese Frau bis in alle Maßen unsypathisch geworden.
Ich gehöre nicht zu der Art Mensch dir komplett unrasiert rumläuft. Ich finde rasierte Achseln und Beine auch schöner als unrasierte. Und ich verstehe, dass es mittlerweile ein Zwang unserer Gesellschaft geworden ist, dass Frauen sich zu rasieren haben. Aber ich kann absolut nicht verstehen, wie Körperbehaarung bitte "unnatürlich" ist!
Irgendwann sie dann angefangen hat damit anzugeben, dass sie es geschafft hat genau diese Einstellung ihrem 12 jährigen Sohn einzubleuen. Ihr toller Sohn war kurz davor, seiner Lehrerin zu sagen sie solle sich rasieren, weil ihre Achselhaare die weiblich Ästetik stören würden. Ich wurde davon einfach so sauer!
Noch besser wurde es dann, als sie gesagt hat, dass es für Frauen keine andere Möglichkeit gebe, als beim Bewerbungsgespräch Pumps zu tragen. Wenn man nicht mir Absatzschuhen laufen kann solle man sich doch flache Pums kaufen. Als ob das nicht auch Absatzschuhe wären!
Als sie dann meinte, dass die Schuhe auf keinen Fall klackern dürften, hab ich eine Diskussion mit ihr angefangen.
Erst meinte ich, dass alle Schuhe mit Absatz klackern würden. Als sie gegenteiliger Meinung war, hab ich gesagt, dass ich mir aber auch für ein einziges Bewerbungsgespräch keine Schuhe kaufen würde. Sie hat dann drauf bestanden, dass ich diese ja dann auch während der Arbeit bräuchte. Mhm, ja klar, während der Arbeit. In einem Labor. Als Chemikantin. Oder in einer Werkstatt. Als Restauratorin. Ich bin mir sicher, dass ich da jeden Tag in Kostüm und Pumps erscheinen sollte. Ihr Ausweichargument: Auch in diesen Berufen müsste ich wenigstens für Meetings schick gekleidet sein.
1. Ich glaube, dass Laboranten oder Chemikanten, wenn sie ein Meeting haben, entweder einen Kreis im Labor bilden und sich besprechen, oder in der normalen Arbeitskleidung in ein Nebenzimmer gehen. Mehr aber auch nicht!
2. Nein, ich glaube nicht, dass irgendwelche Unterstützer/ Geldgeber erwarten, dass die Handwerker die er bezahlt um irgendein Möbelstück zu reparieren für ihn in Kostüm und Pumps durch die Werkstatt laufen, um ihm zu beweisen, dass es serious business ist.

Nach unserer süßen Dikussion, waren L. und ich dann das Negativbeispiel für ziemlich alles...

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Die ganze Geschichte erzähle ich euch zum Einen, weil ich mich furchtbar darüber aufgeregt habe, und zum Anderen, weil ich einfach mal meinen Standpunkt in diesem ganzen Feminismuskram klar machen möchte.

Zu allererst: Ich hab eigentlich nicht viel mit Feminismus zu tun. Ich lese hin und wieder ein paar Artikel oder Blogeinträge dazu aber das wars eigentlich auch. Ich Prinzip habe ich das ganze zwar irgendwie unterstützt, mich aber nie dafür eingesetzt.

Die Gesellschaft fordert von uns Frauen, sich wie Ladies zu verhalten. Und ich wäre damit einverstanden, würden sich alle Männner im Gegenzug wie Gentlemen verhalten. Dem ist nur leider nicht der Fall. Ich finde nicht, dass man eine Frau dafür kritisieren sollte, dass sie sich männlich kleidet, oder männlich verhält.
Mir gefällt es zwar eigentlich, dass Männer und Frauen in Sachen Kleidung, Sport etc. unterschieden werden, weil es meiner Meinung nach Sinn ergibt (->Unterschiede in Körperbau und Entwicklung). Aber es regt mich tierisch auf, wenn man Frauen zum Einen in eine Rolle zwängt die nicht zu ihnen passt (-> Das Beispiel aus der Schule heute. Manche Frauen passen einfach nicht in Kostüm und Pumps, sondern eher in Blaumann und Kittel) oder sie zum Anderen in der Wirtschaft benachteiligt. Frauen sollten den gleichen Lohn bekommen wie ein Mann, und außerdem sollten die Einstellungschancen nicht durch die Zahl bzw. das Alter der Kinder oder ein Mögliche Schwangerschaft verringert werden. Vorallem nicht in einem Deutschland mit einer negativen Wachstumsrate der Einwohner.

Ich breche jetzt einfach mal hier ab, weil mein Handy grad klingelt...

M.
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tama, Dienstag, 22. Juli 2014, 17:59
Warum hast du die Dame nicht auf GG Artikel 3 (3) aufmerksam gemacht?

Ach ja, und dann auch wieder das Märchen der ungleichen Bezahlung... Ja, es gibt einen Lohnunterschied zwischen Männern und Frauen. Gehaltsunterschiede? - Kommt drauf an...

Man müsste dafür jetzt ätzend tief in die Materie einsteigen und dafür bräuchte ich an dieser Stelle zeit- und platzmäßig zu viel und zu lang; aber mir ist wichtig, dass diese Floskel nicht einfach unreflektiert weiter getragen wird. Denn es hängt zu einem Großteil von der zugrunde liegenden Statistik, der Aufbereitung von Kennzahlen, der Interpretation von Daten etc. pp. ab.

So gibt es in unserem derzeitigen Wirtschaftssystem Arbeitsplätze und Branchen, deren Entlohnung und Arbeitszeit durch Tarife geregelt ist. Die sind aber nur als UNTERgrenze zu verstehen - nach oben hin ist viel Platz. Der Platz nach oben ist aber, wenn er nicht in einigen Bereichen automatisch stufenweise erhöht wird, z.B. über die Dauer der Betriebszugehörigkeit, (zusätzlich) VERHANDLUNGssache.

Und Frauen können einfach oft nicht verhandeln. Frauen gehen auch wesentlich weniger als Männer zu ihren Chefs und sagen, wie sieht es eigentlich aus mit einer Gehaltserhöhung? (Aber da auf Gender und Co. einzugehen hier jetzt denselben Effekt hätte wie auf die ganze Feminismusdebatte, der ich mich in der Ausprägung des heutigen Feminismus einfach nicht anschließen kann und will, verzichte ich darauf.)

Bei Lohnarbeit haben wie dasselbe: Es gibt Zuschläge für alles Mögliche: Akkord, Nacht, Feiertag, Überstunden etc. pp. Aber den kriegt natürlich nur, wer die entsprechenden Schichten auch macht. Und da sind eben Männer oft die Angeschissenen (auch wieder so ein Genderteil, siehe oben).

Das heißt: Branchenvergleiche sind oft einfach von sich aus schon unzureichend (z.B. in der Baubranche oder Industrie, wenn man da die Durchschnittslöhne von Frauen und Männern im Monat oder in der Stunde vergleicht, das kann schon rein summenmäßig nix werden...).
Unternehmensvergleiche sind oft unzureichend.
Jobinterne Vergleiche ebenso, und dabei ist Ost und West nichtmal mit drin.
Ja, selbst Stundenlöhne können unverlässlich sein.

Heißt nicht, dass ich Lohnungleichheit abstreite. Heißt nur, dass ich stark bezweifle, dass da jemand nur deshalb mehr oder weniger kriegt, weil er die falschen bzw. richtigen Geschlechtsteile hat. Deshalb kann er, sie oder es AUCH weniger oder mehr kriegen - aber eben maximal als zusätzlichen Faktor. Der Rest ist einfach eine Sache der Ellbogen - leider.

(Ich finde das aktuelle Wirtschaftssystem sowie Gender und Sex wie auch (fast) den ganzen Rest in der aktuellen Gesellschaft übrigens auch ziemlich bescheiden. Wechselwirkung und so. Und Frauen sind eben auch mitverantwortlich für ihre Situation und die der Männer.)